Wissenswertes
Auf den Spuren der Säumer
Historischer Streifzug vom Ötztal ins Sellraintal
Unmittelbar östlich des Ötztals versteckt sich in den Stubaier Alpen das weniger bekannte Sellraintal. Ähnlich wie Niederthai im Ötztal stellt das Sellraintal eine „Hochburg“ des sanften Tourismus dar. Das Sellraintal gehört – wie Vent im hinteren Ötztal – zu den Bergsteigerdörfern des Österreichischen Alpenvereins, welche sich in besonderer Weise einer nachhaltigen Entwicklung im Einklang mit der Natur verschrieben haben. Die beiden Tiroler Seitentäler sind seit Jahrhunderten durch den Handel auf Saumpfaden eng verbunden. Wir begeben uns auf eine Reise durch eine wunderbar ruhige Hochgebirgswelt wie es die Säumer vor vielen, vielen Jahren taten.
Mittelalterlicher Handel über die Alpen
Saumtiere bei Kühtai © Bildarchiv Georg Jäger Sellrain
Früher, als es noch kein Auto und nur wenige befestigte Wege gab, war der kürzeste Weg oft der schnellste. Auch wenn dieser beschwerlich auf tausenden Höhenmetern über die Berge führte. Ungezähmte Flüsse und Sumpflandschaften beherrschten die großen Täler. Ein Durchkommen war häufig unmöglich oder mit riesigem Aufwand verbunden. Trotzdem florierte der Handel über die Alpen bereits im Mittelalter. Säumer mit ihren Saumtieren nahmen viele Male pro Sommer die beschwerlichen Anstiege über Pässe und Jöcher in den Bergen auf sich. Beladen mit über 100 Kilogramm folgten die Samer – wie der einstige Beruf in Tirol genannt wurde – und ihre Pferde gut ausgetretenen Steigen weit über 2000 m.
Die schnellste Verbindung vom Südtiroler Vinschgau nach Innsbruck
Blick vom Gleirschjöchl ins Gleirschtal © Lukas Ruetz
Zu einem der wichtigsten Übergänge in Tirol zählte das Timmelsjoch vom Südtiroler Vinschgau in das Tiroler Ötztal – bereits vor tausenden von Jahren von Menschen genutzt. Zu weit und zu aufwändig war allerdings die „Zubringerstrecke“ von Innsbruck über das Inntal hinein ins Ötztal. Stattdessen bogen die Handelsreisenden bei Längenfeld ins Sulztal oder bei Umhausen nach Niederthai ab. So kommt man vom mittleren Ötztal mit Ersparnis von vielen Kilometern am schnellsten und einfachsten zu Fuß über das 2.788 Meter hohe und ehemals vergletscherte Winnebachjoch oder das 2.750 Meter hohe Gleirschjöchl ins Sellraintal und weiter nach Innsbruck.
Das Sellraintal – geprägt von seiner althergebrachten Verbindung zum Ötztal
Die alten Saumwege vom Sellraintal ins Ötztal über Gleirschjöchl und Winnebachjoch im Atlas Tyrolensis von 1774
Im „Handbuch für Reisende in Tirol“ eines Gelehrten von 1837 liest man zum hinteren Sellraintal folgendes: „Die Sprache nähert sich schon entschieden der Ötztaler Mundart an. Sie sagen nicht ‚Berg‘, sondern ‚Barg‘, nicht ‚gsog‘ sondern ‚gsäid‘ für ‚gesagt‘. […] Ihre Sitten neigen sich ebenfalls dem Ötztal hinüber.“ Was auch immer wir darunter verstehen wollen, Fakt ist: Auch heute noch ist eine geschichtsträchtige Wanderung entlang der Saumpfade ins Sellraintal eine Reise wert!
Wandern auf Spuren der Säumer
Unterwegs im Gleirschtal © Lukas Ruetz
Inzwischen sind die letzten Lasttiere die Salz, Silber oder Pyrit über das Gleirschjöchl und Timmelsjoch nach Südtirol brachten, längst Geschichte. Aber das alpine Wegenetz und die Infrastruktur blieb erhalten und wurde weiter verbessert. So findet man heute bei einer Wanderung von Niederthai durch das malerische Zwieselbachtal auf das Gleirschjöchl und weiter durch das Gleirschtal atemberaubende Rundumblicke auf die umgebende, naturbelassen Bergwelt der Stubaier Alpen. Mächtige Blockgletscher, Eisgletscher und die farbenreiche alpine Flora ziehen jeden in ihren Bann. Ganz nebenbei kann man dabei den 2.831 m hohen Samerschlag direkt neben dem Gleirschjöchl besteigen. Ein Gipfel der durch seinen Namen die Geschichte dieses uralten Alpenübergangs wieder in Erinnerung ruft. „Hier drüber sind sie mit Pferden und über 100 kg Last gegangen, das gibt’s doch nicht?“, fragte mein kleiner Cousin einst vom Gipfel aus. Ja, das gibt’s.
Von Geistern und Kraftorten
Beim Abstieg ins Sellraintal zu unserer Heimat St. Sigmund – einem kleinen Bergsteigerdorf mit 160 Einwohnern – erzähle ich ihm die Sage des Gleirscher Geists. Eine Geschichte, die noch heute Bezug auf die Saumtätigkeit im Gleirschtal nimmt. Einst in St. Sigmund erfunden, um Kindern Angst einzuflößen und durchreisende Samer zur Vorsicht zu ermahnen.
Denn am so genannten „Rigl“ hinter der Gleirschalm sollen vor Jahrhunderten regelmäßig Handelsreisende überfallen, umgebracht und ausgeraubt worden sein. Dem Gleirscher Geist wurden diese Gräueltaten bald zugeschrieben. Aus diesem Grund steht am Riglschrofen, einem Felsvorsprung, heute noch eine Kapelle. Liebevoll restauriert, stellt sie heute einen Kraftort für Einheimische und durchreisende Wanderer dar.
Das malerische Bergsteigerdorf Sankt Sigmund im Sellrain © Lukas Ruetz
Ein Besuch in diesem Kleinod rentiert sich immer bevor man St. Sigmund erreicht. Dort wo die einstige Saumtätigkeit von Innsbruck über das Gleirschjöchl ins mittlere Ötztal und in den Vinschgau ihren alpinen Anfang nimmt.
(Titelbild: Blick auf die Pforzheimer Hütte | © Lukas Ruetz)
Wandertipp: 3-tägige Sellraintal Runde „Auf den Spuren der Säumer“
Tag 1: Niederthai – Horlachtal – Schweinfurter Hütte – Gleirschjöchl – Pforzheimer Hütte
- 1220 Höhenmeter Aufstieg| 11,6 km |5 ½ Stunden
- Übernachtung auf der Pforzheimer Hütte
Tag 2: Pforzheimer Hütte – St. Sigmund
- 7,3 km Abstieg | 2 Stunden
- Übernachtung zum Beispiel bei Appartements Schmalzerhof, Alpengasthof Ruetz, Pension Praxmarer
Tag 3: mit dem Bus oder auf Nachfrage auch von den meisten Vermietern nach Lüsens chauffiert. Lüsens – Westfalenhaus – Winnebachjoch – Winnebachseehütte – Gries im Sulztal
- 1190 Höhenmeter Aufstieg | 14,6 km | 7 Stunden
Weitere Wandertipps im Ötztal findest du HIER. Die Wandermöglichkeiten in der Region Innsbruck entdeckst du HIER.
© zeitungsfoto.at/Liebl Daniel
Gastautor Lukas Ruetz
Lukas ist geboren und aufgewachsen im hintersten Sellraintal und kennt dort jeden Winkel besser wie den Inhalt seiner Jackentaschen. Seine Familie zählt zu den ältesten, nachgewiesenen Bewohnern des Tales.
Er erkundet die Berge und die Geschichte seiner Heimat Tag für Tag – ganz egal ob beim Gespräch mit den Dorfältesten, beim Bergsteigen, auf Skitour oder beim Paragleiten. Immer mit dabei: Eine anständige Kamera, sowie ein Auge für die Natur gepaart mit unermesslicher Wissbegierde.
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